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Wie die Landeszentrale zur Landtagswahl informierte

Vor der Wahl in Thüringen am 1. September haben zahlreiche Veranstaltungen Bürger*innen eingeladen, sich über Politik und Geschichte des Freistaates auszutauschen.

Foto: Wieland Koch

Von Wieland Koch

Im Wahljahr 2024 fieberten die Thüringerinnen und Thüringer, aber auch viele andere Menschen in Deutschland den Landtagswahlen am 1. September im Freistaat entgegen. Für die Landeszentrale waren in diesem Jahr Themen rund um diese Wahl von herausragender Bedeutung. Das spiegelte sich nicht nur in expliziten wahlbezogenen Vorhaben wie Erstwählerprojekten oder dem Wahl-O-Mat wider, sondern auch in verschiedenen Veranstaltungsformaten der Landeszentrale.

Als ausgewiesener journalistischer Experte für Thüringer Landespolitik gilt Martin Debes. Sein Buch „Demokratie unter Schock“ über eine Thüringer Ministerpräsidentenwahl, die Deutschland 2021 politisch erbeben ließ, übernahm die Landeszentrale damals in ihr Publikationsprogramm. Den im März 2024 erschienenen Nachfolger „Deutschland der Extreme. Wie Thüringen die Demokratie herausfordert“ stellte die Landeszentrale von April bis Juni in sechs sehr gut besuchten Veranstaltungen in Gera, Hildburghausen, Meiningen, Rudolstadt und Weimar vor.

Lebhafte Diskussionen über das politische Experimentierfeld Thüringen

Bei allen Buchpräsentationen entwickelten sich lebhafte Diskussionen darüber, aus welchen historischen Gründen Thüringen als Experimentierfeld politischer Strömungen prädestiniert und anfällig für extremistische Bewegungen sein könnte. Hinterfragt und kontrovers diskutiert wurde aber auch das aktuelle Agieren von politischen Akteuren und Parteien in Thüringen, die sich zwar sicherlich in einem schwierigen politischen Umfeld bewegen müssen, aber durch teilweise ungeschicktes, selbstgefälliges, borniertes oder schwer nachvollziehbares Agieren selbst zu Unsicherheit, Verdruss, Vertrauensverlust und Wut beitragen.

Anschauungsmöglichkeit zum Thema Wahl in Thüringen boten zudem die Filmvorführungen von „Arena 196. Zwischen Wende, Wahl und Wirklichkeit“ der Weimarer Filmproduktion 1meter60Film, an die sich stets Gespräche mit den Filmemachern Yvonne und Wolfgang Andrä anschlossen. Die Landeszentrale zeigte den im Oktober vorigen Jahres gestarteten Film 2023/24 bisher in insgesamt 23 Veranstaltungen sowohl in größeren Städten als auch in kleineren Orten Thüringens vor insgesamt ca. 1.100 Zuschauern.

Thema des Dokumentarfilms ist die Bundestagswahl 2021 im Wahlkreis 196 Südthüringen. Gezeigt werden in ihren Wahlkämpfen fünf zum Drehstart namentlich bekannte Kandidaten (CDU, FDP, LINKE, ÖDP, SPD) sowie eine sechste Kandidatin (BÜNDNIS 90/DIR GRÜNEN), ein siebter seinerzeit bereits nominierter Kandidat (AfD) konnte sich nicht zur Mitwirkung am Film entschließen. Größeren Raum nimmt im Film der Versuch der Kampagnen-Organisation Campact ein, auf die Wahlentscheidung der Bürgerinnen und Bürger im Wahlkreis Einfluss zu nehmen.

Tiefe Einblicke in den Alltag und das Seelenleben politische Akteure

Das Publikum lobte im Nachhinein die faire Herangehensweise der für den Film Verantwortlichen, die allen Beteiligten in gleicher Weise die Möglichkeit zur Präsentation ihrer politischen Positionen ermöglicht, aber auch Einblicke in den Alltag und das Seelenleben ihrer Protagonisten gegeben hatten. Einige Zuschauerinnen und Zuschauer äußerten in den Filmgesprächen, die Arbeit von politisch Aktiven nach dem Filmerlebnis besser ein- und wertschätzen zu können. Scharf abgelehnt wurde von vielen Filmbesucherinnen und –besuchern die versuchte Einflussnahme von Campact auf den Wahlkampf, die Potenzial zur Beschädigung der Integrität der Wahl als in einer repräsentativen Demokratie wichtigste Form demokratischer Willensbildung gehabt habe.

Mit Veranstaltungen wie den hier exemplarisch genannten bot die Landeszentrale in vielen großen und kleinen Thüringer Orten die Möglichkeit, im Vorfeld der Wahl Diskussionsräume zur sachorientierten, aber auch kontroversen Auseinandersetzung über politische Fragen und Gestaltungsspielräume im Freistaat zu öffnen. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger nutzen diese Chance gern, eine noch breitere Beteiligung wäre mit Blick auf eine Vertiefung, Qualifizierung und Versachlichung des politischen Dialogs in Thüringen eine wichtige Option.


Wieland Koch ist Referent der Landeszentrale für politische Bildung in Thüringen. Zu seinen Schwerpunkten zählen unter anderem Europapolitik, Europakunde, Partnerregionen sowie der Arbeitsbereich Neue Medien/Film und politische Bildung.

Foto: Aleksandra Rembowska