Illustration: Sascha Simon (alias Pale Cocoon)
Die Europawahl
Das Europäische Parlament ist das einzige direkt durch die Bevölkerung der Mitgliedstaaten gewählte Organ der Europäische Union (EU). Die Bürger und Bürgerinnen können Einfluss auf die Politik der EU nehmen, indem sie ihre Europaabgeordneten alle 5 Jahre wählen. Das Europaparlament ist im europäischen Gesetzgebungsprozess von zentraler Bedeutung, außerdem kontrolliert es die EU-Kommission und den Rat der Europäischen Union.
Die nächsten Wahlen des Europäischen Parlaments finden in Deutschland und damit auch in Thüringen am 9. Juni 2024 statt.
Übersicht zur Europawahl
Foto: Alexey Larionov/ Unsplash
Die Europawahl ist die Wahl des Parlaments der EU mit Sitz in Straßburg und Brüssel.
Dauer der Wahlperiode: 5 Jahre
Anzahl der Sitze: 705 (davon 96 aus Deutschland)
Wahlsystem: Verhältniswahl
Stimmenanzahl: 1 pro Wähler und Wählerin
Sperrklausel: maximal 5 Prozent, in Deutschland gibt es keine Sperrklausel
Wer darf Wählen: in Deutschland EU-Bürger und EU-Bürgerinnen, die ihr 16. Lebensjahr vollendet haben und seit min. 3 Monaten in einer Gemeinde wohnen
Wer ist wählbar: EU-Bürger und EU-Bürgerinnen, die ihr 18. Lebensjahr vollendet haben
Wie werden die Mitglieder
des EU-Parlaments gewählt?
Es gibt kein einheitliches Wahlgesetz auf der EU-Ebene. Die Abgeordneten werden daher in den 28 Mitgliedsstaaten nach verschiedenen nationalen Verfahren gewählt. Als Wahlsystem ist jedoch in allen Ländern das Verhältniswahlrecht festgelegt. Jede antretende Partei stellt eine nationale Liste zusammen, auf der Kandidaten und Kandidatinnen festgeschrieben sind. Üblicherweise werden nach der Wahl die Zuständigkeiten unter den Abgeordneten innerhalb der Parteien so aufgeteilt, dass alle Regionen Deutschlands vertreten sind.
Seit 2014 ernennen die europäischen Parteienfamilien zudem Spitzenkandidaten und Spitzenkandidatinnen für die Wahl, die um das Präsidentenamt der Europäischen Kommission konkurrieren. Das ist das höchste Amt der Exekutive in der EU. Zwar sehen die Europäische Verträge vor, dass der Europäische Rat den Kandidaten und Kandidatinnen für das Amt des Kommissionspräsidenten beziehungsweise der Kommissionspräsidentin ernennt, gewählt werden muss dieser oder diese jedoch mit einer Mehrheit im Europäischen Parlament.
Wer darf bei der Europawahl
wählen?
Alle deutschen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen sowie in Deutschland wohnhafte EU-Bürger und EU-Bürgerinnen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, sind wahlberechtigt. Die Wähler und Wählerinnen müssen darüber hinaus mindestens drei Monate in der Bundesrepublik oder in den EU-Mitgliedstaaten wohnen. Sie dürfen außerdem nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sein und müssen im Wählerverzeichnis ihrer Gemeinde eingetragen sein.
Deutsche Staatsbürger und Staatsbürgerinnen, die in anderen EU-Mitgliedstaaten leben, müssen sich entscheiden, ob sie in Deutschland oder in dem Land ihres Wohnsitzes wählen wollen. Bei der Anwendung dieses Prinzips besteht eine Lücke: So ist es zwar strafbar, seine Stimme doppelt abzugeben, jedoch ist es aufgrund des fehlenden Abgleichs zwischen den Wahlleisten der Mitgliedstaaten schwer nachzuvollziehen, ob EU-Bürger und EU-Bürgerinnen zweimal abgestimmt haben.
Deutsche, die 25 Jahre ununterbrochen außerhalb des Gebietes der EU wohnen, verlieren ihr Recht zur Wahl des Europäischen Parlaments.
Wie verhält es sich mit
der Sperrklausel?
Die Sperrklausel für kleine Parteien darf bei den EU-Wahlen bei maximal 5 Prozent liegen. Auch hier ist die Ausgestaltung den Mitgliedstaaten überlassen. Seit 2014 gilt in Deutschland für die Europawahlen keine Sperrklausel mehr. Damit sind auch Parteien, die weniger als 5 Prozent der Wählerstimmen erhalten haben, im Europaparlament vertreten – sofern sie mindestens einen Sitz erringen können.
Das Europäische Parlament hat im Mai 2022 einen Vorschlag für eine EU-Wahlrechtsreform formuliert, der unter anderem auch eine verbindliche Sperrklausel für alle größeren EU-Staaten vorsieht. Im Juni 2023 hat der Bundestag mit der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit für die Einführung einer Sperrklausel von mindestens zwei Prozentbei der Europawahl gestimmt und somit den Weg frei gemacht für die Wiedereinführung einer Sperrklausel bei europäischen Wahlen.
Die rechtliche Grundlage für die Wahl zum Europäischen Parlament bildet in Deutschland das Europawahlgesetz (EuWG), das die allgemeine, unmittelbare, freie, gleiche und geheime Wahl der Kandidaten und Kandidatinnen vorsieht.
Diese Vorgaben beziehen sich allerdings nur auf die Europawahlen innerhalb Deutschlands. In allen Mitgliedsstaaten gibt es keine gleichen Wahlen, weil nicht jeder oder jede Abgebordnete die vergleichbare selbe Anzahl an Bürgern und Bürgerinnen vertritt. Neben dem Europawahlgesetz regelt die Europawahlordnung (EuWO) die ordnungsgemäße Durchführung der Europawahl.
Wer kann für die Europawahl
kandidieren?
EU-Bürger und EU-Bürgerinnen, die zum Tag der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben, dürfen in Deutschland für einen Sitz im Europäischen Parlament kandidieren. Sie machen damit von ihrem passiven Wahlrecht Gebrauch. Gewählt wird in Wahllokalen der Wahlbezirke oder per Briefwahl nach dem Prinzip der Verhältniswahl. Wähler und Wählerinnen verfügen über nur eine Stimme mit der die Landes- beziehungsweise Bundesliste der Partei oder Vereinigung gewählt wird.
Die gewählten Abgeordneten der verschiedenen nationalen Wahllisten schließen sich im Europäischen Parlament zu Fraktionen zusammen. Die Bildung der Fraktionen erfolgt nach den politischen Schwerpunkten. Für die Bildung einer Fraktion müssen sich mindestens 25 Abgeordnete aus mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten zusammenschließen.
LZT-Projekte & Veranstaltungen
zur Europawahl
Projekt "Gemeinsam für Europa", 12.-16. April 2024 in Weimar
Lehrerfortbildung in Kooperation mit dem ThILLm und dem Europäischen Informations-Zentrum Erfurt: Europa und Europawahl in der Schule, 22. Februar
Filmreihe (Filme & Gespräche): Europa vor der Wahl – Realitäten und Perspektiven, 2. bis 8. Mai, Weimar
Wichtige Begriffe
kurz erklärt
Die Europäische Union (abgekürzt: EU) ist ein Zusammenschluss von 27 europäischen Staaten, die gemeinsame politische Ziele verfolgen. Gegründet wurde die EU am 1. November 1993 von einst zwölf Staaten, darunter auch Deutschland. Zuvor gab es bereits einen Zusammenschluss europäischer Staaten: die Europäische Gemeinschaft. Diese war jedoch anders organisiert und verfolgte auch andere Ziele. Jeder Staat in Europa hat die Möglichkeit, der EU beizutreten. Die wichtigste Bedingung dafür ist, dass der Staat demokratisch ist. Die Schweiz, Norwegen oder Monaco sind einige Beispiele für Staaten in Europa, die nicht zur Europäischen Union gehören.
Mehr dazu: Das junge Politik-Lexikon der bpb oder direkt bei der Europäischen Union
Das Europäische Parlament (kurz: EP) ist der legislative Arm der Europäischen Union. Es besteht aus 705 Abgeordneten aus allen EU Ländern. Früher hatte das Parlament 751 Abgeordnete, aber nachdem das Vereinigte Königreich im Jahr 2020 die EU verlassen hat, wurde die Anzahl auf 705 reduziert.
Das Europäische Parlament entscheidet gemeinsam mit dem Rat der Europäischen Union über den EU-Haushalt und die Gesetzgebung. Es gewährleistet die demokratische Kontrolle der Europäischen Kommission sowie der anderen Organe und Einrichtungen der EU. Es wählt den Präsidenten beziehungsweise die Präsidentin der Europäischen Kommission und spielt eine Schlüsselrolle bei der Anhörung der designierten Kommissare und Kommissarinnen.
Die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden alle 5 Jahre in den EU-Mitgliedstaaten gewählt und vertreten die Interessen der rund 446 Millionen Bürger und Bürgerinnen der EU. Im Laufe der Jahre wurden die Verträge, auf denen die EU beruht, weiterentwickelt, so dass das Parlament heute über erhebliche Gesetzgebungs- und Haushaltsbefugnisse verfügt.
Mehr dazu: Website des Europäischen Parlaments
Die Europäische Kommission ist eine EU-Organisation. Sie besteht derzeit aus 26 Kommissaren und Kommissarinnen und der Präsidentin. Damit ist jedes Mitglied der EU in der Kommission vertreten. Die Mitglieder der Kommission werden von den Regierungen der EU-Staaten vorgeschlagen und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments für 5 Jahre ernannt
Als Organ der Exekutive trägt die Europäische Kommission dafür Sorge, dass Beschlüsse des EU-Parlaments und des Europäischen Rats Umsetzung finden. Setzt ein Mitgliedstaat ein Gesetz, dass in der EU beschlossen wurde, nicht um, kann die Kommissionen unter anderem Strafen anordnen. Die EU-Kommission ist damit „die Hüterin der EU-Verträge“.
Mehr dazu: das junge Politik-Lexikon der bpb oder direkt bei der Europäischen Kommission
Der Europäische Rat setzt sich aus den 27 Staats- und Regierungschefs und –chefinnen der Mitgliedstaaten der EU zusammen. Neben dem deutschen Bundeskanzler sind beispielsweise auch der französische Staatspräsident, der litauische Präsident oder die dänische Ministerpräsidentin vertreten. Die Sitzungen des Europäischen Rats werden vom Präsidenten geleitet und organisiert. Derzeit ist das der einstige belgische Ministerpräsident Charles Michel. Seine mittlerweile zweite Amtszeit endet am 30. November 2024.
Der Europäische Rat ist für die zukunftsweisenden Fragen der EU zuständig. Er legt die politischen Ziele der EU fest, muss aber auch über strittige Fragen entscheiden. Mindestens zweimal im Halbjahr tritt das Gremium regulär zusammen. Immer wieder werden aber auch informelle Sondertreffen einberufen. Die Ergebnisse der Sitzungen werden in Schlussfolgerungen zusammengefasst, die die politischen Leitlinien für die Arbeit der EU-Kommission bilden.
Mehr dazu: Website des Europarats
Mehr Informationen
zur Europawahl
Europa-Wahlen 2024. Wissen, wie man wählt. Infos in Leichter Sprache. Wochenschau Verlag.
Europawahlratgeber. Weichenstellung für die Zukunft. Wochenschau Verlag.