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#05 Ein Debakel in drei Akten

Das sind die Ergebnisse der ersten TV-Debatte der Kandidaten für das Amt des US-Präsidenten

Foto: Tim Haas

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag, den 28. Juni um 3 Uhr morgens deutscher Zeit, fand die erste TV-Debatte der Präsidentschaftskandidaten statt, die von ihren jeweiligen Parteien noch nicht mal offiziell nominiert wurden. Donald Trump und Joe Biden kamen in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia zusammen und für 90 Minuten wurden in drei Abschnitten, die durch Werbepausen getrennt waren, Argumente vorgetragen. Das, was von der Debatte aber nachhallen wird, ist die schlechte Performance von Biden. Teilweise war es kaum mit anzusehen, wie schwer er sich damit tat, zusammenhängende Argumente und Sätze zu formulieren. – Und das trotz der Einschränkung, dass Biden mit Stottern zu kämpfen hat. Aber der Reihe nach.

Neue Regeln für eine gesittetere Debatte

Aufgrund der neuen Regeln für das Duell, die bestimmte Zeit-Slots für die Antworten der beiden Kandidaten festlegten, kam eine wirkliche Diskussion nur sehr unterschwellig zustande. Wenn ein Kandidat reden durfte, war das Mikrofon des anderen stummgeschaltet und nur selten kam eine tatsächliche Interaktion auf – das Duell glich mehr dem Vortragen von vorbereiteten Statements. Im Vergleich zur ersten Debatte vor vier Jahren ist das jedoch als Fortschritt zu sehen.

Damals war wichtig, wer öfter und länger unterbrechen konnte. Die ModeratorInnen hielten sich dieses Mal auch sehr zurück, schritten nur in den seltensten Fällen ein, egal was auf der Bühne inhaltlich gerade gesagt wurde – auch wenn es faktisch absoluter Unsinn war, ließen sie das Gesagte einfach stehen.

Performance als wichtiger Aspekt

TV-Debatten der Präsidentschafts-KandidatInnen, wie sie heute üblich sind, gibt es schon seit 1960, als Kennedy und Nixon aufeinandertrafen. Damals gewann Kennedy, sowohl die Wahl als auch das Duell, zumindest wenn man die Leute befragte, die sich die Debatte im Fernsehen ansahen. Die Radio-ZuhörerInnen favorisierten mehrheitlich Nixon. Es machte also einen Unterschied, dass man die Kandidaten auch sehen konnte.

Dieser Show Aspekt spielt inzwischen eine große Rolle, so auch dieses Jahr in Atlanta. Und genau dort lag Bidens Problem: Denn schon als der 81-Jährige auf die Bühne kam, machte er einen gebrechlichen Eindruck. Alt und schwach – nicht gerade das, was man von einem (zukünftigen) US-Präsidenten erwartet. Als er dann zu reden begann, wurde es nicht besser: Seine Stimme klang dünn und heiser. Zu Anfang der Debatte war die schlechteste Performance von Biden zu beobachten: Er konnte Sätze nicht zu Ende bringen und als er es tat, machten diese keinen Sinn. Das kam mehrfach vor, teilweise musste man sich als Zuschauer*in zusammenreimen, was er wohl meinte.

Die Performance Bidens wurde im Laufe des Abends besser, allerdings war sie nie gut. Und wer nur die erste Hälfte gesehen hat, musste sich Gedanken um die USA machen, schließlich ist Biden der aktuelle Präsident. Der 78-jährige Trump dagegen wirkte dynamisch und mit Elan, machte Wortwitze und schien auch sonst „anwesend“ zu sein.

Inhaltlich klarer Sieg von Biden

Die schlechte Performance darf aber nicht über die Inhalte hinwegtäuschen. Aus dieser Perspektive geht Biden klar als Sieger hervor. Er beantwortete die Fragen, die das CNN-Moderator*Innen-Duo stellte, klar und meistens präzise. Punkten konnte er insbesondere beim Umgang mit der Wirtschaft oder der Bekämpfung der Klima- und Corona-Krise. Für alle seine Argumente hatte er Zahlen und Fakten parat und argumentierte meistens nachvollziehbar.

Im Gegensatz dazu schien sich Trump nicht groß um die Fragen, die ihm gestellt wurden, zu scheren und lenkte das Thema immer wieder auf zwei große Punkte, die er für alle Probleme des Landes verantwortlich machte: „Unkontrollierte Immigration“ und die internationalen Beziehungen, die er als katastrophal darstellte, da die USA aufgrund der Politik der Demokraten weltweit nicht respektiert würden.

Bei fast allen Punkten, die er machte, streute er zudem eine besonders große Portion Lügen mit ein, zum Teil haarsträubend: Beispielsweise behauptete er, es gäbe in den USA Bundesstaaten, in denen man ein Kind nach der Geburt abtreiben könne. Ebenfalls schwach war Trump, als es um seine Rolle beim Sturm auf das Kapitol am sechsten Januar 2021 oder die Klima- und Opioid-Krisen ging.

Seine Strategie war offensichtlich das Schlechtreden von allem. Klare Visionen, Ziele und Faktenwissen suchte man vergeblich. „Die Demokraten und insbesondere Biden sind böse und links und deswegen muss ich wieder Präsident werden“ war im Grunde sein gesamtes Repertoire an „Argumenten“.

Große Sorge im Lager der Demokraten

Wer sich das Duell angesehen hat, muss insgesamt zu dem Schluss kommen, dass Trump das Duell gewonnen hat, wenn man hier überhaupt einen Gewinner küren möchte. Inhaltlich war Biden klar stärker und hat Trump in die Tasche gesteckt, aber das wurde von der miserablen Performance Bidens wettgemacht.

Direkt im Anschluss waren selbst den Demokraten nahestehenden Kommentatoren der Auffassung, dass es vielleicht keine schlechte Idee ist, nochmal über den demokratischen Kandidaten und einen Austausch von Biden nachzudenken – schließlich wurde Biden ja noch nicht nominiert. Das passiert erst im August. Am Tag nach dem Duell hielt Biden dann eine Rede in North Carolina, bei der er deutlich dynamischer wirkte. Trotzdem: Die Wahl mit Biden zu gewinnen, scheint nach diesem Duell jedenfalls weiter entfernt denn je.