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#04 Internationaler politischer Zündstoff

Der Einfluss des Auslands auf die Präsidentschaftswahl in den USA?

Foto: Tim Haas

Im letzten Monat gab es in den USA einige Vorkommnisse, die eng mit den Wahlen im November verknüpft sind und großen Einfluss auf den Wahlkampf und das Ergebnis der Präsidentschaftswahl haben könnten. Aufgrund des engen Rennens zwischen Trump (41,4%) und Biden (39,9%) können einzelne polarisierende Themen den Wahlkampf stark beeinflussen und je nach Thema, dem einem oder anderen Kandidaten einen Vorteil verschaffen – zwei der aktuell wichtigsten Themen, insbesondere unter jungen Leuten, sind das TikTok-Verbot und der Krieg zwischen Israel und der Hamas (FiveThirtyEight, 2024).

Das TikTok Verbot

So stimmte der US-Senat mit 79 zu 18 Stimmen Ende April für ein Gesetz, das effektiv dazu führen wird, dass die Social-Media-App TikTok, die dem chinesischen Konzern ByteDance gehört, entweder an ein US-amerikanisches Unternehmen verkauft werden muss oder in den USA aus den Appstores fliegen wird (Hadero, 2024). In der jüngeren Bevölkerung, die TikTok vor allem nutzt, kam diese Entscheidung äußerst negativ an.

Man fühlt sich in der Äußerung der freien Meinung beschnitten und hält die nationalen Sicherheitsbedenken, die von den Regierenden – in seltener Einigkeit beider politischen Lager – als Grund für das Gesetz genannt werden, für einen Vorwand um kritische Stimmen, die nach Meinung der Nutzenden durch TikTok ein breiteres Publikum finden, in ihrer Reichweite zu beschränken. Die Bedenken wurden, abgesehen von dem Zugriff der chinesischen Regierung auf Nutzerdaten, jedoch auch nicht spezifiziert.

Insbesondere PolitikerInnen der Demokraten nutzen TikTok, beispielsweise für Wahlkampf oder die Mobilisierung von WählerInnen. Auch sie stimmten jedoch für das Gesetz, was ebenfalls für Kritik sorgte: Prominentes Beispiel ist Jeff Jackson, der nach seinem Votum für das Gesetz starken Gegenwind auf TikTok bekam, eine Plattform, die ihn insbesondere bei jungen Leuten relativ bekannt gemacht hatte. Seit Kurzem ist auch Präsident Biden auf der Plattform aktiv.

TikTok klagt gegen das Gesetz, da der Konzern der Ansicht ist, es verletze die freie Meinungsäußerung, die in den USA deutlich weiter gefasst wird als beispielsweise in Deutschland. Trotz diesen Zerwürfnissen wird die Social Media App weiterhin von den Politiker*Innen genutzt.

Der Konflikt zwischen Israel und der Hamas

Das zweite große Thema, das die USA in Wahlkampfzeiten aktuell bewegt, ist weiterhin der Konflikt im Nahen Osten zwischen der Hamas und Israel. An einigen US-Universitäten gab es deshalb pro palästinensische Demonstrationen und Protestcamps gegen das Vorgehen des Israelischen Militärs. Die Camps wurden teilweise von der Polizei aufgelöst – unter anderem unter Einsatz von Gummigeschossen – sogenannter „less lethal“, also „weniger tödlicher“ Munition. Dies rief Kritik hervor, da insbesondere die Verhältnismäßigkeit solch eines Vorgehens infrage gestellt wurde. Präsident Biden förderte die Kritik an seiner Regierung weiter, indem er das Vorgehen der Demonstrierenden kritisierte und gegen „disorder“, also Störung oder Unordnung, argumentierte und damit aus Sicht der Demonstrierenden und deren Unterstützenden das Vorgehen der Polizei legitimierte (Megerian, 2024).

Außerdem beschloss der Kongress ein Hilfspaket, das unter anderem 26 Milliarden US-Dollar für Israel bereitstellt – auch für militärische Projekte (Associated Press, 2024). Dies wurde von den Demonstrierenden ebenfalls missbilligt. Die Republikanische Partei ist diesbezüglich klar auf der Seite Israels und hat auch kürzlich dazu beigetragen, dass eine Drohung Bidens, die Militärhilfen für Israel zur Debatte stellte, relativ zügig verpuffte (Adragna, 2024).

Insgesamt ist die Biden Administration nicht signifikant von ihrer bisherigen Außenpolitik abgerückt – aller Proteste zum Trotz. Dies ist insbesondere deshalb bemerkenswert, da ein nicht unerheblicher Anteil der US-Amerikaner Studierende sind: Circa 7% (Brisch, n.d.). Allerdings sind es nicht nur Studierende, die eine kritische Haltung gegenüber der Handlung der Regierung haben: Ungefähr 40% der US-Amerikaner halten die Maßnahmen der US-Regierung für zu umfangreich (Langer, 2024).

Unruhe in den US-Städten, relative Ruhe auf dem Land

Während es beispielsweise an der New York University oder an der Penn State University zu groß angelegten Protesten bezüglich des Nahostkonflikts kam, ist es an der Central Michigan University (CMU), an der ich bis Anfang Mai insgesamt neun Monate lang gelehrt habe, bisher kaum zu Demonstrationen gekommen – damit steht die CMU beispielhaft für den Großteil der Universitäten in ländlichen Regionen. (Al Jazeera, 2024).

Um herauszufinden, warum das der Fall ist, habe ich mit einigen meiner ehemaligen KollegInnen gesprochen: Manche waren der Ansicht, dass die geringe Zahl an israelischen/jüdischen oder arabischstämmigen Studierenden ein wichtiger Faktor sei. Andere meinen, dass die Studierenden hier andere Prioritäten haben und eher apolitisch seien. Aber selbst wenn Studierende eine Meinung zu dem Thema haben – so meine KollegInnen – bedeute das nicht sofort, dass sie auch auf die Straße gingen.
Hinzu käme, dass Studierende in einem sehr ländlichen Gebiet wenig mit anderen Sichtweisen in Berührung kommen, da im Vergleich zu Städten relativ wenige Menschen auf dem Land wohnen und diese – stark verallgemeinert – relativ ähnliche politische Ansichten haben und daher eher weniger zu Demonstrationen und dergleichen neigen.

Im kommenden Monat wird sich dieser Blog mit den beiden Präsidentschaftskandidaten beschäftigen und sie vorstellen. Es wird insbesondere auf die aktuellen Probleme des Gerichtsverfahrens gegen Trump sowie die politischen Schwierigkeiten bei Biden eingegangen.


Adragna, A. (2024, 16. Mai). House passes GOP bill rebuking Biden’s Israel weapons pause. Politico.
Al Jazeera (2024, 2. Mai). Mapping pro-Palestine college campus protests around the world.
Associated Press. (2024, 24. April). A look at what’s in the $95 billion foreign aid package passed by Congress.
Brisch, B. (n.d.). USA: Bildung und Wissenschaft.
FiveThirtyEight (2024, 25. Mai). Who’s ahead in the national polls?. FiveThirtyEight.
Hadero, H. (2024, 24. April). Senate passes bill forcing TikTok’s parent company to sell or face ban, sends to Biden for signature. Associated Press.
Langer, G. (2024, 3. Mai). Americans‘ views divided on US policy toward Israel-Hamas war: POLL. abc News.
Megerian, C. (2024, 3. Mai). Biden says ‘order must prevail’ during campus protests over the war in Gaza. Associated Press.